#11# ----- Erstes Buch Der Produktionsprozeá des Kapitals Vorwort zur ersten Auflage [1] Das Werk, dessen ersten Band ich dem Publikum bergebe, bildet die Fortsetzung meiner 1859 ver”ffentlichten Schrift: "Zur Kritik der Politischen Oekonomie". Die lange Pause zwischen Anfang und Fortsetzung ist einer langj„hrigen Krankheit geschuldet, die meine Arbeit wieder und wieder unterbrach. Der Inhalt jener frheren Schrift ist resmiert im ersten Kapitel dieses Bandes. [2] Es geschah dies nicht nur des Zusammenhangs und der Vollst„ndigkeit wegen. Die Darstellung ist verbessert. Soweit es der Sachverhalt irgendwie erlaubte, sind viele frher nur angedeuteten Punkte hier weiter entwickelt, w„hrend umgekehrt dort ausfhrlich Entwickeltes hier nur angedeutet wird. Die Ab- schnitte ber die Geschichte der Wert- und Geldtheorie fallen jetzt natrlich ganz weg. Jedoch findet der Leser der frheren Schrift in den Noten zum ersten Kapitel neue Quellen zur Ge- schichte jener Theorie er”ffnet. Aller Anfang ist schwer, gilt in jeder Wissenschaft. Das Ver- st„ndnis des ersten Kapitels, namentlich des Abschnitts, der die Analyse der Ware enth„lt, wird daher die meiste Schwierigkeit ma- chen. Was nun n„her die Analyse der Wertsubstanz und der Wert- gr”áe betrifft, so habe ich sie m”glichst popularisiert. 1) Die Wertform, deren fertige Gestalt die Geldform, ----- 1) Es schien dies um so n”tiger, als selbst der Abschnitt von F. Lassalles Schrift gegen Schulze-Delitzsch, worin er "die geistige Quintessenz" meiner Entwicklung ber jene Themata zu geben er- kl„rt, bedeutende Miáverst„ndnisse enth„lt. En passant. Wenn F. Lassalle die s„mtlichen allgemeinen theoretischen S„tze seiner ”konomischen Arbeiten, z.B. ber den historischen Charakter des Kapitals, ber den Zusammenhang zwischen Produktionsverh„ltnissen und Produktionsweise usw. usw. fast w”rtlich, bis auf die von mir geschaffene Terminologie hinab, aus meinen Schriften entlehnt hat, und zwar ohne Quellenangabe, so war dies Verfahren wohl durch Propagandarcksichten bestimmt. Ich spreche natrlich nicht von seinen Detailausfhrungen und Nutzanwendungen, mit denen ich nichts zu tun habe. #12# Vorworte und Nachworte ----- ist sehr inhaltslos und einfach. Dennoch hat der Menschengeist sie seit mehr als 1000 Jahren vergeblich zu ergrnden gesucht, w„hrend andrerseits die Analyse viel inhaltsvollerer und kompli- zierterer Formen wenigstens ann„hernd gelang. Warum? Weil der ausgebildete K”rper leichter zu studieren ist als die K”rper- zelle. Bei der Analyse der ”konomischen Formen kann auáerdem we- der das Mikroskop dienen noch chemische Reagentien. Die Abstrak- tionskraft muá beide ersetzen. Fr die brgerliche Gesellschaft ist aber die Warenform des Arbeitsprodukts oder die Wertform der Ware die ”konomische Zellenform. Dem Ungebildeten scheint sich ihre Analyse in bloáen Spitzfindigkeiten herumzutreiben. Es han- delt sich dabei in der Tat um Spitzfindigkeiten, aber nur so, wie es sich in der mikrologischen Anatomie darum handelt. Mit Ausnahme des Abschnitts ber die Wertform wird man daher dies Buch nicht wegen Schwerverst„ndlichkeit anklagen k”nnen. Ich un- terstelle natrlich Leser, die etwas Neues lernen, also auch selbst denken wollen. Der Physiker beobachtet Naturprozesse entweder dort, wo sie in der pr„gnantesten Form und von st”renden Einflssen mindest ge- trbt erscheinen, oder, wo m”glich, macht er Experimente unter Bedingungen, welche den reinen Vorgang des Prozesses sichern. Was ich in diesem Werk zu erforschen habe, ist die kapitalistische Produktionsweise und die ihr entsprechenden Produktions- und Ver- kehrsverh„ltnisse. Ihre klassische St„tte ist bis jetzt England. Dies der Grund, warum es zur Hauptillustration meiner theoreti- schen Entwicklung dient. Sollte jedoch der deutsche Leser phari- s„isch die Achseln zucken ber die Zust„nde der englischen Indu- strie- und Ackerbauarbeiter oder sich optimistisch dabei beruhi- gen, daá in Deutschland die Sachen noch lange nicht so schlimm stehn, so muá ich ihm zurufen: De te fabula narratur [3] An und fr sich handelt es sich nicht um den h”heren oder niedri- geren Entwicklungsgrad der gesellschaftlichen Antagonismen, wel- che aus den Naturgesetzen der kapitalistischen Produktion ent- springen. Es handelt sich um diese Gesetze selbst, um diese mit eherner Notwendigkeit wirkenden und sich durchsetzenden Tenden- zen. Das industriell entwickeltere Land zeigt dem minder entwic- kelten nur das Bild der eignen Zukunft. Aber abgesehn hiervon. Wo die kapitalistische Produktion v”llig bei uns eingebrgert ist, z.B. in den eigentlichen Fabriken, sind die Zust„nde viel schlechter als in England, weil das Gegenge- wicht der Fabrikgesetze fehlt. In allen andren Sph„ren qu„lt uns, gleich dem ganzen brigen kontinentalen Westeuropa, nicht nur die Entwicklung der kapitalistischen Produktion, sondern auch der Mangel ihrer Entwicklung. Neben den #15# Vorwort zur ersten Auflage ----- modernen Notst„nden drckt uns eine ganze Reihe vererbter Not- st„nde, entspringend aus der Fortvegetation altertmlicher, ber- lebter Produktionsweisen, mit ihrem Gefolg von zeitwidrigen ge- sellschaftlichen und politischen Verh„ltnissen. Wir leiden nicht nur von den Lebenden, sondern auch von den Toten. Le mort saisit le vif! 1*) Im Vergleich zur englischen ist die soziale Statistik Deutsch- lands und des brigen kontinentalen Westeuropas elend. Dennoch lftet sie den Schleier grade genug, um hinter demselben ein Me- dusenhaupt ahnen zu lassen. Wir wrden vor unsren eignen Zust„n- den erschrecken, wenn unsre Regierungen und Parlamente, wie in England, periodische Untersuchungskommissionen ber die ”konomi- schen Verh„ltnisse bestallten, wenn diese Kommissionen mit der- selben Machtvollkommenheit, wie in England, zur Erforschung der Wahrheit ausgerstet wrden, wenn es gel„nge, zu diesem Behuf ebenso sachverst„ndige, unparteiische und rcksichtslose M„nner zu finden, wie die Fabrikinspektoren Englands sind, seine „rztli- chen Berichterstatter ber "Public Health" (”ffentliche Gesund- heit), seine Untersuchungskommiss„re ber die Exploitation der Weiber und Kinder, ber Wohnungs- und Nahrungszust„nde usw. Per- seus brauchte ein Nebelkappe zur Verfolgung von Ungeheuern. Wir ziehen die Nebelkappe tief ber Aug' und Ohr, um die Existenz der Ungeheuer wegleugnen zu k”nnen. Man muá sich nicht darber t„uschen. Wie der amerikanische Unab- h„ngigkeitskrieg des 18. Jahrhunderts die Sturmglocke fr die eu- rop„ische Mittelklasse l„utete, so der amerikanische Brgerkrieg des 19. Jahrhunderts fr die europ„ische Arbeiterklasse. In Eng- land ist der Umw„lzungsprozeá mit H„nden greifbar. Auf einem ge- wissen H”hepunkt muá er auf den Kontinent rckschlagen. Dort wird er sich in brutaleren oder humaneren Formen bewegen, je nach dem Entwicklungsgrad der Arbeiterklasse selbst. Von h”heren Motiven abgesehn, gebietet also den jetzt herrschenden Klassen ihr eigen- stes Interesse die Wegr„umung aller gesetzlich kontrollierbaren Hindernisse, welche die Entwicklung der Arbeiterklasse hemmen. Ich habe deswegen u.a. der Geschichte, dem Inhalt und den Resul- taten der englischen Fabrikgesetzgebung einen so ausfhrlichen Platz in diesem Bande einger„umt. Eine Nation soll und kann von der andern lernen. Auch wenn eine Gesellschaft dem Naturgesetz ihrer Bewegung auf die Spur gekommen ist - und es ist def letzte Endzweck dieses Werks, das ”konomische Bewegungsgesetz der moder- nen Gesellschaft zu ----- 1*) Der Tote packt den Lebenden! #16# Vorworte und Nachworte ----- enthllen -, kann sie naturgem„áe Entwicklungsphasen weder ber- springen noch wegdekretieren. Aber sie kann die Geburtswehen ab- krzen und mildern. Zur Vermeidung m”glicher Miáverst„ndnisse ein Wort. Die Gestalten von Kapitalist und Grundeigentmer zeichne ich keineswegs in ro- sigem Licht. Aber es handelt sich hier um die Personen nur, so- weit sie die Personifikation ”konomischer Kategorien sind, Tr„ger von bestimmten Klassenverh„ltnissen und Interessen. Weniger als jeder andere kann mein Standpunkt, der die Entwicklung der ”kono- mischen Gesellschaftsformation als einen naturgeschichtlichen Prozeá auffaát, den einzelnen verantwortlich machen fr Verh„lt- nisse, deren Gesch”pf er sozial bleibt, sosehr er sich auch sub- jektiv ber sie erheben mag. Auf dem Gebiete der politischen ™konomie begegnet die freie wis- senschaftliche Forschung nicht nur demselben Feinde wie auf allen anderen Gebieten. Die eigentmliche Natur des Stoffes, den sie behandelt, ruft wider sie die heftigsten, kleinlichsten und ge- h„ssigsten Leidenschaften der menschlichen Brust, die Furien des Privatinteresses, auf den Kampfplatz. Die englische Hochkirche z.B. verzeiht eher den Angriff auf 38 von ihren 39 Glaubensarti- keln als auf 1/39 ihres Geldeinkommens. Heutzutage ist der Athe- ismus selbst eine culpa levis 1*), verglichen mit der Kritik berlieferter Eigentumsverh„ltnisse. Jedoch ist hier ein Fort- schritt unverkennbar. Ich verweise z.B. auf das in den letzten Wochen ver”ffentlichte Blaubuch [4]: "Correspondence with Her Ma- jesty's Missions Abroad, regarding Industrial Questions and Tra- des Unions". Die ausw„rtigen Vertreter der englischen Krone spre- chen es hier mit drren Worten aus, daá in Deutschland, Frankreich, kurz allen Kulturstaaten des europ„ischen Kontinents, eine Umwandlung der bestehenden Verh„ltnisse von Kapital und Ar- beit ebenso fhlbar und ebenso unvermeidlich ist als in England. Gleichzeitig erkl„rte jenseits des Atlantischen Ozeans Herr Wade, Vizepr„sident der Vereinigten Staaten von Nordamerika, in ”ffent- lichen Meetings: Nach Beseitigung der Sklaverei trete die Umwand- lunng der Kapital- und Grundeigentumsverh„ltnisse auf die Tages- ordnung! Es sind dies Zeichen der Zeit, die sich nicht verstecken lassen durch Purpurm„ntel oder schwarze Kutten. Sie bedeuten nicht, daá morgen Wunder geschehen werden. Sie zeigen, wie selbst in den herrschenden Klassen die Ahnung aufd„mmert, daá die jet- zige Gesellschaft kein fester Kristall, sondern ein umwandlungs- f„higer und best„ndig im Prozeá der Umwandlung begriffener Orga- nismus ist. ----- 1*) kleine Snde #17# Vorwort zur ersten Auflage ----- Der zweite Band dieser Schrift wird den Zirkulationsprozeá des Kapitals (Buch II) und die Gestaltungen des Gesamtprozesses (Buch III), der abschlieáende dritte (Buch IV) die Geschichte der Theo- rie behandeln. Jedes Urteil wissenschaftlicher Kritik ist mir willkommen. Gegen- ber den Vorurteilen der sog. ”ffentlichen Meinung, der ich nie Konzessionen gemacht habe, gilt mir nach wie vor der Wahlspruch des groáen Florentiners: Segui il tuo corso, e lascia dir le genti [5] London, 25. Juli 1867 Karl Marx #18# ----- Nachwort zur zweiten Auflage [6] Den Lesern der ersten Ausgabe habe ich zun„chst Ausweis zu geben ber die in der zweiten Ausgabe gemachten Ver„nderungen. Die bersichtlichere Einteilung des Buchs springt ins Auge. Zus„tzli- che Noten sind berall als Noten zur zweiten Ausgabe bezeichnet. Mit Bezug auf den Text selbst ist das Wichtigste: Kapitel I, 1 ist die Ableitung des Werts durch Analyse der Glei- chungen, worin sich jeder Tauschwert ausdrckt, wissenschaftlich strenger durchgefhrt, ebenso der in der ersten Ausgabe nur ange- deutete Zusammenhang zwischen der Wertsubstanz und der Bestimmung der Wertgr”áe durch gesellschaftlich-notwendige Arbeitszeit aus- drcklich hervorgehoben. Kapitel I, 3 (Die Wertform) ist g„nzlich umgearbeitet, was schon die doppelte Darstellung der ersten Aus- gabe gebot. - Im Vorbeigehn bemerke ich, daá jene doppelte Dar- stellung durch meinen Freund, Dr. L. Kugelmann in Hannover, ver- anlaát ward. Ich befand mich bei ihm zum Besuch im Frhling 1867, als die ersten Probebogen von Hamburg ankamen, und er berzeugte mich, daá fr die meisten Leser eine nachtr„gliche, mehr didakti- sche Auseinandersetzung der Wertform n”tig sei. - Der letzte Ab- schnitt des ersten Kapitels, "Der Fetischcharakter der Ware etc.", ist groáenteils ver„ndert. Kapitel III, 1 (Maá der Werte) ist sorgf„ltig revidiert, weil dieser Abschnitt in der ersten Ausgabe, mit Hinweis auf die "Zur Kritik der Polit. Oek.", Berlin 1859, bereits gegebne Auseinandersetzung, nachl„ssig behandelt war. Kapitel VII, besonders Teil 2, ist bedeutend umgearbeitet. Es w„re nutzlos, auf die stellenweisen Text„nderungen, oft nur stilistisch im einzelnen einzugehn. Sie erstrecken sich ber das ganze Buch. Dennoch finde ich jetzt bei Revision der zu Paris er- scheinenden franz”sischen šbersetzung, daá manche Teile des deut- schen Originals hier mehr durchgreifende Umarbeitung, dort gr”- áere stilistische Korrektur oder auch sorgf„ltigere Beseitigung gelegentlicher Versehn erheischt h„tten. Es fehlte #19# Nachwort zur zweiten Auflage ----- dazu die Zeit, indem ich erst im Herbst 1871, mitten unter andren dringenden Arbeiten die Nachricht erhielt, daá das Buch vergrif- fen sei, der Druck der zweiten Ausgabe aber bereits im Januar 1872 beginnen sollte. Das Verst„ndnis, welches "Das Kapital" rasch in weiten Kreisen der deutschen Arbeiterklasse fand, ist der beste Lohn meiner Ar- beit. Ein Mann, ”konomisch auf dem Bourgeoisstandpunkt, Herr Mayer, Wiener Fabrikant, tat in einer w„hrend des deutsch-franz”- sischen Kriegs ver”ffentlichten Broschre treffend dar, daá der groáe theoretische Sinn, der als deutsches Erbgut galt, den sog. gebildeten Klassen Deutschlands durchaus abhanden gekommen ist, dagegen in seiner Arbeiterklasse neu auflebt. Die politische ™konomie blieb in Deutschland bis zu dieser Stunde eine ausl„ndische Wissenschaft. Gustav von Glich hat in "Geschichtliche Darstellung des Handels, der Gewerbe usw.", na- mentlich in den 1830 herausgegebnen zwei ersten B„nden seines Werkes, groáenteils schon die historischen Umst„nde er”rtert, welche die Entwicklung der kapitalistischen Produktionsweise bei uns hemmten, daher auch den Aufbau der modernen brgerlichen Ge- sellschaft. Es fehlte also der lebendige Boden der politischen ™konomie. Sie ward als fertige Ware importiert aus England und Frankreich; ihre deutschen Professoren blieben Schler. Der theo- retische Ausdruck einer fremden Wirklichkeit verwandelte sich un- ter ihrer Hand in eine Dogmensammlung, von ihnen gedeutet im Sinn der sie umgebenden kleinbrgerlichen Welt, also miádeutet. Das nicht ganz unterdrckbare Gefhl wissenschaftlicher Ohnmacht und das unheimliche Gewissen, auf einem in der Tat fremdartigen Ge- biet schulmeistern zu mssen, suchte man zu verstecken unter dem Prunk literarhistorischer Gelehrsamkeit oder durch Beimischung fremden Stoffes, entlehnt den sog. Kameralwissenschaften, einem Mischmasch von Kenntnissen, deren Fegfeuer der hoffnungsvolle 1*) Kandidat deutscher Brokratie zu bestehn hat. Seit 1848 hat sich die kapitalistische Produktion rasch in Deutschland entwickelt und treibt heutzutage bereits ihre Schwin- delblte. Aber unsren Fachleuten blieb das Geschick gleich ab- hold. Solange sie politische ™konomie unbefangen treiben konnten, fehlten die modernen ”konomischen Verh„ltnisse in der deutschen Wirklichkeit. Sobald diese Verh„ltnisse ins Leben traten, geschah es unter Umst„nden, welche ihr unbefangenes Studium innerhalb des brgerlichen Gesichtskreises nicht l„nger zulassen. Soweit sie brgerlich ist, d. h. die kapitalistische Ordnung statt als ge- schichtlich vorbergehende Entwicklungsstufe, umgekehrt als abso- lute und letzte ----- 1*) 3. und 4. Auflage: hoffnungslose #20# Vorworte und Nachworte ----- Gestalt der gesellschaftlichen Produktion auffaát, kann die poli- tische ™konomie nur Wissenschaft bleiben, solange der Klassen- kampf latent bleibt oder sich in nur vereinzelten Erscheinungen offenbart. Nehmen wir England. Seine klassische politische ™konomie f„llt in die Periode des unentwickelten Klassenkampfs. Ihr letzter groáer Repr„sentant, Ricardo, macht endlich bewuát den Gegensatz der Klasseninteressen, des Arbeitslohns und des Profits, des Profits und der Grundrente, zum Springpunkt seiner Forschungen, indem er diesen Gegensatz naiv als gesellschaftliches Naturgesetz auffaát. Damit war eber auch die brgerliche Wissenschaft der ™konomie bei ihrer unberschreitbaren Schranke angelangt. Noch bei Lebzeiten Ricardos und im Gegensatz zu ihm trat ihr in der Person Sismondis die Kritik gegenber. 1) Die nachfolgende Zeit von 1820-1830 zeichnet sich in England aus durch wissenschaftliche Lebendigkeit auf dem Gebiet der politi- schen ™konomie. Es war die Periode wie der Vulgarisierung und Ausbreitung der Ricardoschen Theorie, so ihres Kampfes mit der alten Schule. Es wurden gl„nzende Turniere gefeiert. Was damals geleistet worden, ist dem europ„ischen Kontinent wenig bekannt, da die Polemik groáenteils in Revueartikeln, Gelegenheitsschrif- ten und Pamphlets zerstreut ist. Der unbefangne Charakter dieser Polemik - obgleich die Ricardosche Theorie ausnahmsweise auch schon als Angriffswaffe wider die brgerliche Wirtschaft dient - erkl„rt sich aus den Zeitumst„nden. Einerseits trat die groáe In- dustrie selbst nur aus ihrem Kindheitsalter heraus, wie schon da- durch bewiesen ist, daá sie erst mit der Krise von 1825 den peri- odischen Kreislauf ihres modernen Lebens er”ffnet. Andrerseits blieb der Klassenkampf zwischen Kapital wnd Arbeit in den Hinter- grund gedr„ngt, politisch durch den Zwist zwischen den um die Heilige Allianz gescharten Regierungen und Feudalen und der von der Bourgeoisie ge{hrten Volksmasse, ”konomisch durch den Hader des industriellen Kapitals mit dem aristokratischen Grundeigen- tum, der sich in Frankreich hinter dem Gegensatz von Parzellenei- gentum und groáem Grundbesitz verbarg, in England seit den Korn- gesetzen offen ausbrach. Die Literatur der politischen ™konomie in England erinnert w„hrend dieser Periode an die ”konomische Sturm- und Drangperiode in Frankreich nach Dr. Quesnays Tod, aber nur wie ein Altweibersommer an den Frhling erinnert. Mit dem Jahr 1830 trat die ein fr allemal entscheidende Krise ein. --- 1) Siehe meine Schrift "Zur Kritik etc.", p.39. 1*) ----- 1*) Siehe Band 13 unserer Ausgabe, S.46 #21# Nachwort zur zweiten Auflage ----- Die Bourgeoisie hatte in Frankreich und England politische Macht erobert. Von da an gewann der Klassenkampf, praktisch und theore- tisch, mehr und mehr ausgesprochne und drohende Formen. Er l„u- tete die Totenglocke der wissenschaftlichen brgerlichen ™kono- mie. Es handelte sich jetzt nicht mehr darum, ob dies oder jenes Theorem wahr sei, sondern ob es dem Kapital ntzlich oder sch„d- lich, bequem oder unbequem, ob polizeiwidrig oder nicht. An die Stelle uneigenntziger Forschung trat bezahlte Klopffechterei, an die Stelle unbefangner wissenschaftliche Untersuchung das b”se Cewissen und die schlechte Absicht der Apologetik. Indes selbst die zudringlichen Trakt„tchen, welche die Anti-Corn- Law League [7], mit den Fabrikanten Cobden und Bright an der Spitze, in die Welt schleuderte, boten, wenn kein wissenschaftli- ches, doch ein historisches Interesse durch ihre Polemik gegen die grundeigentmliche Aristokratie. Auch diesen letzten Stachel zog die Freihandelsgesetzgebung seit Sir Robert Peel der Vulg„r- ”konomie aus. Die kontinentale Revolution von 1848 schlug auch auf England zu- rck. M„nner, die noch wissenschaftliche Bedeutung beanspruchten und mehr sein wollten als bloáe Sophisten und Sykophanten der herrschenden Klassen, suchten die politische ™konomie des Kapi- tals in Einklang zu setzen mit den jetzt nicht l„nger zu ignorie- renden Ansprchen des Proletariats. Daher ein geistloser Synkre- tismus, wie ihn John Stuart Mill am besten repr„sentiert. Es ist eine Bankrotterkl„rung der "brgerlichen" ™konomie, welche der groáe russische Gelehrte und Kritiker N. Tschernyschewski in sei- nem Werk "Umrisse der politischen ™konomie nach Mill" bereits meisterhaft beleuchtet hat. In Deutschland kam also die kapitalistische Produktionsweise zur Reife, nachdem ihr antagonistischer Charakter sich in Frankreich und England schon durch geschichtliche K„mpfe ger„uschvoll offen- bart hatte, w„hrend das deutsche Proletariat bereits ein viel entschiedneres theoretisches Klassenbewuátsein besaá als die deutsche Bourgeoisie. Sobald eine brgerliche Wissenschaft der politischen ™konomie hier m”glich zu werden schien, war sie daher wieder unm”glich geworden. Unter diesen Umst„nden teilten sich ihre Wortfhrer in zwei Rei- hen. Die einen, kluge, erwerbslustige, praktische Leute, scharten sich um die Fahne Bastiats, des flachsten und daher gelungensten Vertreters vulg„r”konomischer Apologetik; die andren, stolz auf die Professoralwrde ihrer Wissenschaft, folgten J. St. Mill in dem Versuch, Unvers”hnbares zu vers”hnen. Wie zur klassischen Zeit der brgerlichen ™konomie blieben die Deutschen auch zur Zeit ihres Verfalls bloáe Schler, Nachbeter und Nachtreter, Kleinhausierer des ausl„ndischen Groágesch„fts. #22# Vorworte und Nachworte ----- Die eigentmliche historische Entwicklung der deutschen Gesell- schaft schloá hier also jede originelle Fortbildung der "brgerlichen" ™konomie aus, aber nicht deren - Kritik. Soweit solche Kritik berhaupt eine Klasse vertritt, kann sie nur die Klasse vertreten, deren geschichtlicher Beruf die Umw„lzung der kapitalistischen Produktionsweise und die schlieáliche Abschaf- fung der Klassen ist - das Proletariat. Die gelehrten und ungelehrten Wortfhrer der deutschen Bour- geoisie haben "Das Kapital" zun„chst totzuschweigen versucht, wie ihnen das mit meinen frhern Schriften gelungen war. Sobald diese Taktik nicht l„nger den Zeitverh„ltnissen entsprach, schrieben sie, unter dem Vorwand mein Buch zu kritisieren, Anweise "Zur Be- ruhigung des brgerlichen Bewuátseins", fanden aber in der Arbei- terpresse - sieh z. B. Joseph Dietzgens Aufs„tze im "Volksstaat" [8] - berlegene K„mpen, denen sie die Antwort bis heute schul- dig. 1) Eine treffliche russische šbersetzung des "Kapitals" erschien im Frhling 1872 zu Petersburg. Die Auflage von 3000 Exemplaren ist jetzt schon beinahe vergriffen. Bereits 1871 hatte Herr N. Sieber (??????), Professor der politischen ™konomie an der Universit„t zu Kiew, in seiner Schrift: "?????? ???????? ? ???????? ?.???????" ("D. Ricardos Theorie des Werts und des Kapitals etc.") meine Theorie des Werts, des Geldes und des Kapitals in ihren Grundzgen als notwendige Fortbildung der Smith-Ri- cardoschen Lehre nachgewiesen. Was den Westeurop„er beim Lesen seines gediegnen Buchs berrascht, ist das konsequente Festhalten des rein theoretischen Standpunkts. --- 1) Die breim„uligen Faselh„nse der deutschen Vulg„r”konomie schelten Stil und Darstellung meiner Schrift. Niemnd kann die li- terarischen M„ngel des "Kapital" strenger beurteilen als ich selbst. Dennoch will ich, zu Nutz und Freud dieser Herren und ihres Publikums, hier ein englisches und ein russisches Urteil zitieren. Die meinen Ansichten durchaus feindliche "Saturday Re- view" sagte in ihrer Anzeige der ersten deutschen Ausgabe: Die Darstellung verleiht auch den trockensten ”konomischen Fragen einen eignen Reiz (charm)". Die "?.-?.?????????" (St.-Pe- tersburger Zeitung) bemerkt in ihrer Nummer vom 20. April 1871 u.a.: "Die Darstellung mit Ausnahme weniger zu spezieller Teile zeichnet sich aus durch Allgemeinverst„ndlichkeit, Klarheit und, trotz der wissenschaftlichen H”he des Gegenstands, ungew”hnliche Lebendigkeit. In dieser Hinsicht gleicht der Verfasser... auch nicht von fern der Mehrzahl deutscher Gelehrten, die... ihre B- cher in so verfinsterter und trockner Sprache schreiben, daá ge- w”hnlichen Sterblichen der Kopf davon kracht." Den Lesern der zeitl„ufigen deutsch-national-liberalen Professoralliteratur kracht jedoch etwas ganz andres als der Kopf. #25# Nachwort zur zweiten Auflage ----- Die im "Kapital" angewandte Methode ist wenig verstanden worden, wie schon die einander widersprechenden Auffassungen desselben beweisen. So wirft mir die Pariser "Revue Positiviste" [9] vor, einerseits, ich behandle die ™konomie metaphysisch, andrerseits - man rate! -, ich beschr„nke mich auf bloá kritische Zergliederung des Ge- gebnen, statt Rezepte (comtistische?) fr die Garkche der Zu- kunft zu verschreiben. Gegen den Vorwurf der Metaphysik bemerkt Prof. Sieber: "Soweit es sich um die eigentliche Theorie handelt, ist die Me- thode von Marx die deduktive Methode der ganzen englischen Schule, deren M„ngel und Vorzge den besten theoretischen ™kono- misten gemein sind." [10] Herr M.Block - "Les Th‚oriciens du Socialisme en Allemagne. Ex- trait du Journal des conomistes, juillet et aout 1872" - ent- deckt, daá meine Methode analytisch ist, und sagt u.a.: "Par cet ouvrage M. Marx se classe parmi les esprits analytiques les plus ‚minents." 1*) Die deutschen Rezensenten schreien natrlich ber Hegelsche So- phistik. Der Petersburger "???????? ??????" (Europ„ischer Bote), in einem Artikel, der ausschlieálich die Methode des "Kapital" behandelt (Mainummer 1872, p.427-436), findet meine Forschungsme- thode streng realistisch, die Darstellungsmethode aber unglckli- cherweise deutsch-dialektisch. Er sagt: "Auf den ersten Blick, wenn man nach der „uáern Form der Darstel- lung urteilt, ist Marx der gr”áte Idealphilosoph, und zwar im deutschen, d.h. schlechten Sinn des Wortes. In der Tat aber ist er unendlich mehr Realist als alle seine Vorg„nger im Gesch„ft der ”konomischen Kritik... Man kann ihn in keiner Weise einen Idealisten nennen." Ich kann dem Herrn Verfasser 2*) nicht besser antworten als durch einige Auszge aus seiner eignen Kritik, die zudem manchen meiner Leser, dem das russische Original unzug„nglich ist, interessieren m”gen. Nach einem Zitat aus meiner Vorrede zur "Kritik der Pol. Oek.", Berlin 1859, p.IV-VII 3*), wo ich die materialistische Grundlage meiner Methode er”rtert habe, f„hrt der Herr Verfasser fort: "Fr Marx ist nur eins wichtig: das Gesetz der Ph„nomene zu fin- den, mit deren Untersuchung er sich besch„ftigt. Und ihm ist nicht nur das Gesetz wichtig, das sie beherrscht, soweit sie eine fertige Form haben und in einem Zusammenhang stehn, wie er in ei- ner gegebnen Zeitperiode beobachtet wird. Fr ihn ist noch vor allem wichtig ----- 1*) "Durch dieses Werk reiht sich Herr Marx unter die bedeutend- sten analytischen Denker ein." - 2*) I. I. Kaufman - 3*) siehe Band 13 unserer Ausgabe, S. 8-10 #26# Vorworte und Nechworte ----- das Gesetz ihrer Ver„nderung, ihrer Entwicklung, d.h. der šber- gang aus einer Form in die andre, aus einer Ordnung des Zusammen- hangs in eine andre. Sobald er einmal dies Gesetz entdeckt hat, untersucht er im Detail die Folgen worin es sich im gesellschaft- lichen Leben kundgibt... Demzufolge bemht sich Marx nur um eins: durch genaue wissenschaftliche Untersuchung die Notwendigkeit be- stimmter Ordnungen der gesellschaftlichen Verh„ltnisse nachzuwei- sen und soviel als m”glich untadelhaft die Tatsachen zu konsta- tieren, die ihm zu Ausgangs- und Sttzpunkten dienen. Hierzu ist vollst„ndig hinreichend, wenn er mit der Notwendigkeit der gegen- w„rtigen Ordnung zugleich die Notwendigkeit einer andren Ordnung nachweist, worin die erste unvermeidlich bergehn muá, ganz gleichgltig, ob die Menschen das glauben oder nicht glauben, ob sie sich dessen bewuát oder nicht bewuát sind. Marx betrachtet die gesellscheftliche Bewegung als einen naturgeschichtlichen Prozeá, den Gesetze lenken, die nicht nur von dem Willen, dem Be- wuátsein und der Absicht der Menschen unabh„ngig sind, sondern vielmehr umgekehrt deren Wollen, Bewuátsein und Absichten bestim- men... Wenn des bewuáte Element in der Kulturgeschichte eine so untergeordnete Rolle spielt, dann versteht es sich von selbst, daá die Kritik, deren Gegenstand die Kultur selbst ist, weniger als irgend etwas andres, irgendeine Form oder irgendein Resultat es Bewuátseins zur Grundlage haben kann. Das heiát, nicht die Idee, sondern nur die „uáere Erscheinung kann ihr als Ausgangs- punkt dienen. Die Kritik wird sich beschr„nken auf die Verglei- chung und Konfrontierung einer Tatsache, nicht mit der Idee, son- dern mit der andren Tatsache. Fr sie ist es nur wichtig, daá beide Tetsachen m”glichst genau untersucht werden und wirklich die eine gegenber der endren verschiedne Entwicklungsmomente bilden, vor allem aber wichtig, daá nicht minder genau die Serie der Ordnungen erforscht wird, die Aufeinanderfolge und Verbin- dung, worin die Entwicklungsstufen erscheinen. Aber, wird man sa- gen, die allgemeinen Gesetze des ”konomischen Lebens sind ein und dieselben; ganz gleichgltig, ob man sie auf Gegenwart oder Ver- ganeenheit anwendet. Grade das leugnet Marx. Nach ihm existieren solche abstrakte Gesetze nicht... Nach seiner Meinung besitzt im Gegenteil jede historische Periode ihre eienen Gesetze... Sobald das Leben eine gegebene Entwicklungsperiode berlebt hat, aus ei- nem gegebnen Stadium in ein andres bertritt, beginnt es auch durch andre Gesetze gelenkt zu werden. Mit einem Wort, das ”kono- mische Leben bietet uns eine der Entwicklungsgeschichte auf and- ren Gebieten der Biologie analoge Erscheinung... Die alten ™kono- men verkannten die Natur ”konomischer Gesetze, als sie dieselben mit den Gesetzen der Physik und Chemie verglichen... Eine tiefere Analyse der Erscheinungen bewies, daá soziale Organismen sich voneinander ebenso grndlich unterscheiden als Pflanzen- und Tierorganismen... Ja, eine und dieselbe Erscheinung unterliegt ganz und gar verschiednen Gesetzen infolge des verschiednen Ge- samtbaus jener Organismen, der Abweichung ihrer einzelnen Organe, des Unterschieds der Bedineungen, worin sie funktionieren usw. Marx leugnet z.B., daá das Bev”lkerungsgesetz dasselbe ist zu al- len Zeiten und an allen Orten. Er versichert im Gegenteil, daá jede Entwicklungsstufe ihr eignes Bev”lkerungsgesetz hat... Mit der verschiednen Entwicklung der Produktivkraft „ndern sich die Verh„ltnisse und die sie regelnden Gesetze. Indem sich Marx das Ziel stellt, von diesem Gesichtspunkt #27# Nachwort zur zweiten Auflage ----- aus die kapitalistische Wirtschaftsordnung zu erforschen und zu erkl„ren, formuliert er nur streng wissenschaftlich das Ziel, welches jede genaue Untersuchung des ”konomischen Lebens habe muá... Der wissenschaftliche Wert solcher Forschung liegt in der Aufkl„rung der besondren Gesetze, welche Entstehung, Existenz, Entwicklung, Tod eines gegebenen gesellschaftlichen Organismus und seinen Ersatz durch einen andren, h”heren regeln. Und diesen Wert hat in der Tat das Buch von Marx." Indem der Herr Verfasser das, was er meine wirkliche Methode nennt, so treffend und, soweit meine pers”nliche Anwendung der- selben in Betracht kommt, so wohlwollend schildert, was andres hat er geschildert als diedialektische Methode? Allerdings muá sich die Darstellungsweise formell von der For- schungsweise unterscheiden. Die Forschung hat den Stoff sich im Detail anzueignen, seine verschiednen Entwicklungsformen zu ana- lysieren und deren innres Band aufzuspren. Erst nachdem diese Arbeit vollbracht, kann die wirkliche Bewegung entsprechend dar- gestellt werden. Gelingt dies und spiegelt sich nun das Leben des Stoffs ideell wider, so mag es aussehn, als habe man es mit einer Konstruktion a priori zu tun. Meine dialektische Methode ist der Grundlage nach von der Hegel- schen nicht nur verschieden, sondern ihr direktes Gegenteil. Fr Hegel ist der Denkprozeá, den er sogar unter dem Namen Idee in ein selbst„ndiges Subjekt verwandelt, der Demiurg des Wirklichen, das nur seine „uáere Erscheinung bildet. Bei mir ist umgekehrt das Ideelle nichts andres als das im Menschenkopf umgesetzte und bersetzte Materielle. Die mystifizierende Seite der Hegelschen Dialektik habe ich vor beinah 30 Jahren, zu einer Zeit kritisiert, wo sie noch Tagesmode war. Aber grade als ich den ersten Band des "Kapital" ausarbei- tete, gefiel sich das verdrieáliche, anmaáliche und mittelm„áige Epigonentum [11], welches jetzt im gebildeten Deutschland das groáe Wort fhrt, darin, Hegel zu behandeln, wie der brave Moses Mendelssohn zu Lessings Zeit den Spinoza behandelt hat, n„mlich als "toten Hund". Ich bekannte mich daher offen als Schler jenes groáen Denkers und kokettierte sogar hier und da im Kapitel ber die Werttheorie mit der ihm eigentmlichen Ausdrucksweise. Die Mystifikation, welche die Dialektik in Hegels H„nden erlei- det, verhindert in keiner Weise, daá er ihre allgemeinen Bewe- gungsformen zuerst in umfassender und bewuáter Weise dargestellt hat. Sie steht bei ihm auf dem Kopf. Man muá sie umstlpen, um den rationellen Kern in der mystischen Hlle zu entdecken. In ihrer mystifizierten Form ward die Dialektik deutsche Mode, weil sie das Bestehende zu verkl„ren schien. In ihrer rationellen Gestalt ist sie #28# Vorworte und Nachworte ----- dem Brgertum und seinen doktrin„ren Wortfhrern ein Žrgernis und ein Greuel, weil sie in dem positiven Verst„ndnis des Bestehenden zugleich auch das Verst„ndnis seiner Negation, seines nntwendigen Untergangs einschlieát, jede gewordne Form im Flusse der Bewe- gung, also auch nach ihrer verg„nglichen Seite auffaát, sich durch nichts imponieren l„át, ihrem Wesen nach kritisch und evo- lution„r ist. Die widerspruchsvolle Bewegung der kapitalistischen Gesellschaft macht sich dem praktischen Bourgeois am schlagendsten fhlbar in den Wechself„llen des periodischen Zyklus, den die moderne Indu- strie durchl„uft, und deren Gipfelpunkt - die allgemeine Krise. Sie ist wieder im Anmarsch, obgleich noch begriffen in den Vor- stadien, und wird durch die Allseitigkeit ihres Schauplatzes, wie die Intensit„t ihrer Wirkung, selbst den Glckspilzen des neuen heiligen, preuáisch-deutschen Reichs Dialektik einpauken. London, 24. Januar 1873 Karl Marx #31# ----- Vor- und Nachwort zur franz”sischen Ausgabe London, 18. M„rz 1872 An den Brger Maurice La Chƒtre Werter Brger! Ich begráe Ihre Idee, die šbersetzung des "Kapitals" in periodi- schen Lieferungen herauszubringen. In dieser Form wird das Werk der Arbeiterklasse leichter zug„nglich sein, und diese Erw„gung ist fr mich wichtiger als alle anderen. Das ist die Vorderseite Ihrer Medaille, aber hier ist auch die Kehrseite: Die Untersuchungsmethode, deren ich mich bedient habe und die auf ”konomische Probleme noch nicht angewandt wurde, macht die Lektre der ersten Kapitel ziemlich schwierig, und es ist zu befrchten, daá das franz”sische Publikum, stets ungedul- dig nach dem Ergebnis und begierig den Zusammenhang zwischen den allgemeinen Grunds„tzen und den Fragen zu erkennen, die es unmit- telbar bewegen, sich abschrecken l„át, weil es nicht sofort wei- ter vordringen kann. Das ist ein Nachteil, gegen den ich nichts weiter unternehmen kann, als die nach Wahrheit strebenden Leser von vornherein dar- auf hinzuweisen und gefaát zu machen. Es gibt keine Landstraáe fr die Wissenschaft, und nur diejenigen haben Aussicht, ihre lichten H”hen zu erreichen, die die Mhe nicht scheuen, ihre steilen Pfade zu erklimmen. Karl Marx An den Leser Herr J. Roy hat es unternommen, eine so genaue und selbst w”rtli- che šbersetzung wie m”glich zu geben; er hat seine Aufgabe pein- lich genau erfllt. Aber gerade seine peinliche Genauigkeit hat mich gezwungen, die #32# Vorworte und Nachworte ----- Fassung zu „ndern, um sie dem Leser zug„nglicher zu machen. Diese Žnderungen, die von Tag zu Tag gemacht wurden, da das Buch in Lieferungen erschien, sind mit ungleicher Sorgfalt ausgefhrt worden und muáten Stilungleichheiten hervorrufen. Nachdem ich mich dieser Revisionsarbeit einmal unterzogen hatte, bin ich dazu gekommen, sie auch auf den zugrunde gelegten Origi- naltext anzuwenden (die zweite deutsche Ausgabe), einige Er”rte- rungen zu vereinfachen, andre zu vervollst„ndigen, erg„nzendes historisches oder statistisches Material zu geben, kritische Be- merkungen hinzuzufgen etc. Welches auch die literarischen M„ngel dieser franz”sischen Ausgabe sein m”gen, sie besitzt einen wis- senschaftlichen Wert unabh„ngig vom Original und sollte selbst von Lesern herangezogen werden, die der deutschen Sprache m„chtig sind. Ich gebe weiter unten die Stellen des Nachworts zur zweiten deut- schen Ausgabe, die sich mit der Entwicklung der politischen ™ko- nomie in Deutschland und der in diesem Werk angewandten Methode befassen. 1*) London, 28. April 1875 Karl Marx ----- 1*) Siehe vorl. Band, S.19-28 #33# ----- Zur dritten Auflage Es war Marx nicht verg”nnt, diese dritte Auflage selbst druckfer- tig zu machen. Der gewaltige Denker, vor desssen Gr”áe sich jetzt auch die Gegner neigen, starb am 14. M„rz 1883. Auf mich, der ich in ihm den vierzigj„hrigen, besten, unverbrch- lichsten Freund verlor, den Freund, dem ich mehr verdanke, als sich mit Worten sagen l„át, auf mich fiel nun die Pflicht, die Herausgabe sowohl dieser dritten Auflage wie des handschriftlich hinterlassenen zweiten Bandes zu besorgen. Wie ich den ersten Teil dieser Pflicht erfllt, darber bin ich dem Leser hier Re- chenschaft schuldig. Marx hatte anfangs vor, den Text des ersten Bandes groáenteils umzuarbeiten, manche theoretischen Punkte sch„rfer zu fassen, neue einzufgen, das geschichtliche und statistische Material bis auf die neueste Zeit zu erg„nzen. Sein Krankheitszustand und der Drang, zur Schluáredaktion des zweiten Bandes zu kommen, lieáen ihn hierauf verzichten. Nur das N”tigste sollte ge„ndert, nur die Zus„tze eingefgt werden, die die inzwischen erschienene franz”- sische Ausgabe ("Le Capital. Par Karl Marx", Paris, Lachatre 1873 [12]) schon enthielt. Im Nachlaá fand sich denn auch ein deutsches Exemplar, das von ihm stellenweise korrigiert und mit Hinweisen auf die franz”si- sche Ausgabe versehen war; ebenso ein franz”sisches, worin er die zu benutzenden Stellen genau bezeichnet hatte. Diese Žnderungen und Zus„tze beschr„nken sich, mit wenigen Ausnahmen, auf den letzten Teil des Buchs, den Abschnitt: Der Akkumulationsprozeá des Kapitals. Hier folgte der bisherige Text mehr als sonst dem ursprnglichen Entwurf, w„hrend die frheren Abschnitte grndli- cher berarbeitet waren. Der Stil war daher lebendiger, mehr aus einem Guá, aber auch nachl„ssiger, mit Anglizismen versetzt, stellenweise undeutlich; der Entwicklungsgang bot hier und da Lcken, indem einzelne wichtige Momente nur angedeutet waren. #34# Vorworte und Nachworte ----- Was den Stil betrifft, so hatte Marx mehrere Unterabschnitte selbst grndlich revidiert und mir darin, sowie in h„ufigen mnd- lichen Andeutungen, das Maá gegeben, wie weit ich gehn durfte in der Entfernung englischer technischer Ausdrcke und sonstiger An- glizismen. Die Zus„tze und Erg„nzungen h„tte Marx jedenfalls noch berarbeitet und das glatte Franz”sisch durch sein eignes gedrun- genes Deutsch ersetzt; ich muáte mich begngen, sie unter m”g- lichstem Anschluá an den ursprnglichen Text zu bertragen. Es ist also in dieser dritten Auflage kein Wort ge„ndert, von dem ich nicht bestimmt weiá, daá der Verfasser selbst es ge„ndert h„tte. Es konnte mir nicht in den Sinn kommen, in das "Kapital" den landl„ufigen Jargon einzufhren, in welchem deutsche ™konomen sich auszudrcken pflegen, jenes Kauderwelsch, worin z. B. derje- nige, der Sich fr bare Zahlung von andern ihre Arbeit geben l„át, der Arbeitgeber heiát, und Arbeitnehmer derjenige, dessen Arbeit ihm fr Lohn abgenommen wird. Auch im Franz”sischen wird travail im gew”hnlichen Leben im Sinn von "Besch„ftigung" ge- braucht. Mit Recht aber wrden die Franzosen den ™konomen fr verrckt halten, der den Kapitalisten donneur de travail, und den Arbeiter receveur de travail nennen wollte. Ebensowenig habe ich mir erlaubt, das im Text durchweg gebrauchte englische Geld, Maá und Gewicht auf seine neudeutschen Žquiva- lente zu reduzieren. Als die erste Auflage erschien, gab es in Deutschland so viel Arten von Maá und Gewicht wie Tage im Jahr, dazu zweierlei Mark (die Reichsmark galt damals nur im Kopf Soet- beers, der sie Ende der dreiáiger Jahre erfunden), zweierlei Gul- den und mindestens dreierlei Taler, darunter einer, dessen Ein- heit das "neue Zweidrittel" [13] war. In der Naturwissenschaft herrschte metrisches, auf dem Weltmarkt englisches Maá und Ge- wicht. Unter solchen Umst„nden waren englische Maáeinheiten selbstverst„ndlich fr ein Buch, das seine tats„chlichen Belege fast ausschlieálich aus englischen industriellen Verh„ltnissen zu nehmen gen”tigt war. Und dieser letzte Grund bleibt auch noch heute entscheidend, um so mehr, als die bezglichen Verh„ltnisse auf dem Weltmarkt sich kaum ge„ndert haben und namentlich fr die ausschlaggebenden Industrien - Eisen und Baumwolle - englisches Maá und Gewicht noch heute fast ausschlieálich herrscht. Schlieálich noch ein Wort ber Marx' wenig verstandne Art zu zi- tieren. Bei rein tats„chlichen Angaben und Schilderungen dienen die Zitate, z.B. aus den englischen Blaubchern, selbstredend als einfache Belegstellen. Anders aber da, wo theoretische Ansichten andrer ™konomen zitiert werden. #35# Zur dritten Aulage ----- Hier soll das Zitat nur feststellen, wo, wann und von wem ein im Lauf der Entwicklung sich ergebender ”konomischer Gedanke zuerst klar ausgesprochen ist. Wobei es nur darauf ankommt, daá die fragliche ”konomische Vorstellung fr die Geschichte der Wissen- schaft Bedeutung hat, daá sie der mehr oder weniger ad„quate theoretische Ausdruck der ”konomischen Lage ihrer Zeit ist. Ob aber diese Vorstellung fr den Standpunkt des Verfassers noch ab- solute oder relative Geltung hat, oder ob sie bereits ganz der Geschichte verfallen, darauf kommt es ganz und gar nicht an. Diese Zitate bilden also nur einen der Geschichte der ”konomi- schen Wissenschaft entlehnten laufenden Kommentar zum Text und stellen die einzelnen wichtigeren Fortschritte der ”konomischen Theorie nach Datum und Urheber fest. Und das war sehr n”tig in einer Wissenschaft, deren Geschichtschreiber bisher nur durch tendenzi”se, fast streberhafte Unwissenheit sich auszeichnen. - Man wird es nun auch begreiflich finden, weshalb Marx, im Ein- klang mit dem Nachwort zur zweiten Ausgabe, nur ganz ausnahmsweis deutsche ™konomen anzufhren in den Fall kommt. Der zweite Band wird hoffentlich im Laufe des Jahres 1884 er- scheinen k”nnen. London, 7. Novbr. 1883 Friedrich Engels #36# ------ Vorwort zur englischen Ausgabe Die Ver”ffentlichung einer englischen Ausgabe des "Kapital" be- darf keiner Rechtfertigung. Im Gegenteil, es kann eine Erkl„rung darber erwartet werden, warum diese englische Ausgabe bis jetzt verz”gert worden ist, wenn man sieht, daá seit einigen Jahren die in diesem Buch vertretenen Theorien in der periodischen Presse und Tagesliteratur sowohl Englands wie Amerikas st„ndig erw„hnt, angegriffen und verteidigt, erkl„rt und miádeutet wurden. Als es, bald nach dem Tode des Verfassers im Jahre 1883, klar wurde, daá eine englische Ausgabe des Werkes wirklich ben”tigt wurde, erkl„rte sich Herr Samuel Moore, ein langj„hriger Freund Marx' und des Schreibers dieser Zeilen, und mit dem Buch selbst vertrauter vielleicht als irgend jemand, dazu bereit, die šber- setzung zu bernehmen, die es die literarischen Testamentsvoll- strecker von Marx dr„ngte, der ™ffentlichkeit vorzulegen. Es wurde vereinbart, daá ich das Manuskript mit dem Original ver- gleichen und solche Žnderungen vorschlagen sollte, die ich fr ratsam hielte. Als es sich nach und nach herausbtellte, daá seine beruflichen Besch„ftigungen Herrn Moore hinderten, die šberset- zung so schnell fertigzustellen, wie wir alle wnschten, nahmen wir freudig das Angebot Dr. Avelings an, einen Teil der Arbeit zu bernehmen; gleichzeitig erbot sich Frau Aveling, Marx' jngste Tochter, die Zitate zu kontrollieren und den Originaltext der zahlreichen, englischen Autoren und Blaubchern entnommenen und von Marx ins Deutsche bersetzten Stellen wiederherzustellen. Das ist durchg„ngig geschehen bis auf einige unvermeidbare Ausnahmen. Folgende Teile des Buches sind von Dr. Aveling bersetzt worden: 1. Die Kapitel X (Der Arbeitstag) und XI (Rate und Masse des Mehrwerts); 2. der Abschnitt VI (Der Arbeitslohn, umfassend die Kapitel XIX bis XXII); 3. von Kapitel XXIV, Abteilung 4 (Umst„nde, welche usw.) bis #37# Vorwort zur englischen Ausgabe ----- zum Ende des Buches, umfassend den letzten Teil von Kapitel XXIV, Kapitel XXV und den ganzen Abschnitt VIII (die Kapitel XXVI bis XXXIII); 4. die zwei Vorworte des Verfassers. Der brige Teil des Buches ist von Herrn Moore bersetzt worden. [14] W„hrend so je- der der šbersetzer fr seinen Anteil an der Arbeit allein verant- wortlich ist, trage ich eine Gesamtverantwortung fr das Ganze. Die dritte deutsche Ausgabe, die durchweg zur Grundlage unserer Arbeit genommen wurde, ist von mir 1883 vorbereitet worden unter Zuhilfenahme der vom Verfasser hinterlassenen Notizen, die jene Stellen der zweiten Ausgabe angeben, welche durch bezeichnete Stellen des 1873 ver”ffentlichten franz”sischen Textes ersetzt werden sollten. 1) Die so im Text der zweiten Ausgabe zustande gekommenen Ver„nderungen stimmten im allgemeinen mit den Žnderun- gen berein, die Marx in einer Reihe von handschriftlichen Anwei- sungen fr eine englische šbersetzung vorgeschrieben hat, die vor zehn Jahren in Amerika geplant war, aber haupts„chlich aus Mangel an einem tchtigen und geeigneten šbersetzer aufgegeben wurde. Dies Manuskript wurde uns von unserem alten Freund, Herrn F.A. Sorge in Hoboken, N[ew] J[ersey], zur Verfgung gestellt. Es be- zeichnet noch einige weitere Einschaltungen aus der franz”sischen Ausgabe; aber da es so viele Jahre „lter ist als die letzten An- weisungen fr die dritte Ausgabe, habe ich mich niicht fr befugt gehalten, anders davon Gebrauch zu machen als ausnahmsweise und besonders in F„llen, in denen es uns ber Schwierigkeiten hinweg- half. Ebenso ist der franz”sische Text bei den meisten schwieri- gen Stellen herangezogen worden als Anhaltspunkt dafr, was der Verfasser selbst zu opfern bereit war, wo immer etwas von der ganzen Bedeutung des Originals in der šbersetzung geopfert werden muáte. Eine Schwierigkeit besteht dennoch, die wir dem Leser nicht er- sparen konnten: die Benutzung von gewissen Ausdrcken in einem nicht nur vom Sprachgebrauch des t„glichen Lebens, sondern auch dem der gew”hnlichen politischen ™konomie verschiednen Sinne. Doch dies war unvermeidlich. Jede neue Auffassung einer Wissen- schaft schlieát eine Revolution in den Fachausdrcken dieser Wis- senschaft ein. Dies beweist am besten die Chemie, in der die ge- samte Terminologie ungef„hr alle zwanzig Jahre --- 1) "Le Capital. Par Karl Marx", šbersetzung von M. J. Roy, vom Autor v”llig durchgesehen, Paris, Lachatre. Diese šbersetzung enth„lt besonders im letzten Teil des Buchs betr„chtliche Ver„nderungen und Erg„nzungen zum Text der zweiten deutschen Ausgabe. #38# Vorworte und Nachworte ----- radikal ge„ndert wird und wo man kaum eine organische Verbindung finden wird, die nicht eine ganze Reihe von verschiednen Namen durchgemacht hat. Die politische ™konomie hat sich im allgemeinen damit zufriedengegeben, die Ausdrcke des kommerziellen und indu- striellen Lebens, so wie sie waren, zu nehmen und mit ihnen zu operieren, wobei sie vollkommen bersehen hat, daá sie sich da- durch auf den engen Kreis der durch diese Worte ausgedrckten Ideen beschr„nkte. So ist selbst die klassische politische ™kono- mie, obgleich sie sich vollkommen bewuát war, daá sowohl Profit wie Rente nur Unterabteilungen, Stcke jenes unbezahlten Teils des Produkts sind, das der Arbeiter seinem Unternehmer (dessen erstem Aneigner, obgleich nicht letztem, ausschlieálichem Besit- zer) liefern muá, doch niemals ber die blichen Begriffe von Profit und Rente hinausgegangen, hat sie niemals diesen unbezahl- ten Teil des Produkts (von Marx Mehrprodukt genannt) in seiner Gesamtheit als ein Ganzes untersucht und ist deshalb niemals zu einem klaren Verst„ndnis gekommen weder seines Ursprungs und sei- ner Natur noch auch der Gesetze, die die nachtr„gliche Verteilung seines Werts regeln. Žhnlich wird alle Industrie, soweit nicht Landwirtschaft oder Handwerk, unterschiedlos in dem Ausdruck Ma- nufaktur zusammengefaát und dadurch die Unterscheidung zwischen zwei groáen und wesentlich verschiednen Perioden der ”konomischen Geschichte ausgel”scht: der Periode der eigentlichen Manufaktur, die auf der Teilung der Handarbeit, und der Periode der modernen Industrie, die auf der Maschinerie beruht. Es ist indessen selbstverst„ndlich, daá eine Theorie, die die moderne kapitali- stische Produktion als eine bloáe Entwicklungsstufe der ”konomi- schen Geschichte der Menschheit ansieht, andre Ausdrcke gebrau- chen muá als die jenen Schriftstellern gewohnten, welche diese Produktionsweise als unverg„nglich und endgltig ansehn. Ein Wort ber die Methode des Verfassers zu zitieren, mag nicht unangebracht sein. In der Mehrzahl der F„lle dienen die Zitate in der blichen Weise als dokumentarische Belege fr im Text auf- gestellte Behauptungen. Aber in vielen F„llen werden Stellen aus ”konomischen Schriftstellern angefhrt, um aufzuzeigen, wann, wo und von wem eine bestimmte Ansicht zum erstenmal klar ausgespro- chen wurde. Das geschieht in solchen F„llen, wo die angefhrte Meinung von Wichtigkeit ist als mehr oder weniger ad„quater Aus- druck der zu einer gewissen Zeit vorherrschenden Bedingungen der gesellschaftlichen Produktion und des Austauschs, und ganz unab- h„ngig davon, ob sie Marx anerkennt oder ob sie allgemein gltig. Diese Zitate versehen daher den Text mit einem der Geschichte der Wissenschaft entlehnten laufenden Kommentar. #39# Vorwort zur englischen Ausgabe ----- Unsere šbersetzung umfaát nur das erste Buch des Werkes. Aber dieses erste Buch ist in hohem Maláe ein Ganzes in sich selbst und hat zwanzig Jahre lang fr ein selbst„ndiges Werk gegolten. Das zweite Buch das ich 1885 in deutscher Sprache herausgegeben habe, ist entschieden unvollst„ndig ohne das dritte, das nicht vor Ende 1887 ver”ffentlicht werden kann. Wenn Buch III im deut- schen Original herausgebracht ist, wird es frh genug sein, an die Vorbereitung einer englischen Ausgabe von beiden zu denken. "Das Kapital" wird auf dem Kontinent oft "die Bibel der Arbeiter- klasse" genannt. Daá die in diesem Werk gewonnenen Schluáfolge- rungen t„glich mehr und mehr zu den grundlegenden Prinzipien der groáen Bewegung der Arbeiterklasse werden, nicht nur in Deutsch- land und der Schweiz, sondern auch in Frankreich, in Holland und Belgien, in Amerika und selbst in Italien und Spanien; daá ber- all die Arbeiterklasse in diesen Schluáfolgerungen mehr und mehr den angemessensten Ausdruck ihrer Lage und ihrer Bestrebungen an- erkennt, das wird niemand leugnen, der mit dieser Bewegung ver- traut ist. Und auch in England ben die Theorien von Marx gerade in diesem Augenblick einen machtvollen Einfluá auf die soziali- stische Bewegung aus, die sich in den Reihen der "Gebildeten" nicht weniger ausbreitet als in den Reihen der Arbeiterklasse. Aber das ist nicht alles. Die Zeit rckt schnell heran, wo eine grndliche Untersuchung der ”konomischen Lage Englands sich auf- zwingen wird als eine unwiderstehliche nationale Notwendigkeit. Der Gang des industriellen Systems Englands, der unm”glich ist ohne eine st„ndige und schnelle Ausdehnung der Produktion und da- her der M„rkte, ist zum Stillstand gekommen. Der Freihandel hat seine Hilfsquellen ersch”pft; selbst Manchester zweifelt an die- sem seinem ehemaligen ”konomischen Evangelium. 1) Die sich schnell entwickelnde ausl„ndische Industrie starrt der englischen Produktion berall ins Gesicht, nicht nur auf zollgeschtzten, sondern auch auf neutralen M„rkten und sogar diesseits des Ka- nals. W„hrend die Produktivkraft in --- 1) Bei der Vierteljahrversammlung der Handelskammer von Manche- ster, die heute nachmittag abgehalten wurde, fand eine lebhafte Diskussion ber die Freihandelsfrage statt. Eine Resolution wurde eingebracht in dem Sinne, daá "man 40 Jahre vergebens darauf ge- wartet hat, daá andre Nationen dem von England gegebenen Beispiel des Freihandels folgen, und die Kammer nun die Zeit fr gekommen h„lt, diesen Standpunkt zu „ndern". Die Resolution wurde mit nur einer Stimme Mehrheit abgelehnt, bei dem Stimmenverh„ltnis von 21 fr und 22 dagegen. ("Evening Standard", 1. Nov. 1886.) #40# Vorworte und Nachworte ----- geometrischer Reihe w„chst, schreitet die Ausdehnung der M„rkte bestenfalls in einer arithmetischen Reihe fort. Der zehnj„hrige Zyklus von Stagnation, Prosperit„t, šberproduktion und Krise, der von 1825 bis 1867 immer wiederkehrte, scheint allerdings abgelau- fen zu sein; aber nur um uns im Sumpf der Verzweiflung einer dau- ernden und chronischen Depression landen zu lassen. Die ersehnte Periode der Prosperit„t will nicht kommen; sooft wir die sie an- kndigenden Symptome zu erblicken glauben, sooft verschwinden sie wieder in der Luft. Inzwischen stellt jeder folgende Winter er- neut die Frage: "Was tun mit den Arbeitslosen?" Aber w„hrend die Zahl der Arbeitslosen von Jahr zu Jahr anschwillt, ist niemand da, um diese Frage zu beantworten; und wir k”nnen den Zeitpunkt beinahe berechnen, wo die Arbeitslosen die Geduld verlieren und ihr Schicksal in ihre eignen H„nde nehmen werden. In einem sol- chen Moment sollte sicherlich die Stimme eines Mannes geh”rt wer- den, dessen ganze Theorie das Ergebnis eines lebenslangen Studi- ums der ”konomischen Geschichte und Lage Englands ist und den dieses Studium zu denn Schluá gefhrt hat, daá, zumindest in Eu- ropa, England das einzige Land ist, wo die unvermeidliche soziale Revolution g„nzlich mit friedlichen und gesetzlichen Mitteln durchgefhrt werden k”nnte. Gewiá hat er nie vergessen hinzuzuf- gen, daá er kaum erwarte, die herrschenden Klassen Englands wr- den sich ohne "proslavery rebellion" [15] dieser friedlichen und gesetzlichen Revolution unterwerfen. 5. November 1886 Friedrich Engels #41# ----- Zur vierter Auflege Die vierte Auflage forderte von mir eine m”glichst endgltige Feststellung des Textes sowohl wie der Anmerkungen. Wie ich die- ser Anforderung nachgekommen, darber kurz folgendes. Nach nochmaliger Vergleichung der franz”sischen Ausgabe und der handschriftlichen Notizen von Marx habe ich aus jener noch einige Zus„tze in den deutschen Text aufgenommen. Sie finden sich auf S.80 (dritte Auflage, S. 88), S. 458-460 (dritte, S. 509-510), S. 547-551 (dritte, S. 600), S. 591-593 (dritte, S. 644) und S. 596 (dritte, S. 648) in der Note 79 1*). Ebenso habe ich nach Vorgang der franz”sischen und englischen Ausgabe die lange Anmerkung ber die Bergwerksarbeiter (dritte Aufl., S. 509-515) in den Text gesetzt (vierte Aufl., S. 461-467) 2*). Sonstige kleine Žnderungen sind rein technischer Natur. Ferner habe ich noch einige erl„uternde Zusatznoten gemacht, na- mentlich da, wo ver„nderte geschichtliche Umst„nde dies zu erfor- dern schienen. Alle diese Zusatznoten sind in eckige Klammern ge- setzt und mit meinen Anfangsbuchstaben oder mit "D. H." bezeich- net. 3*) Eine vollst„ndige Revision der zahlreichen Zitate war notwendig geworden durch die inzwischen erschienene englische Ausgabe. Fr diese hatte Marx' jngste Tochter Eleanor sich der Mhe unterzo- gen, s„mtliche angefhrte Stellen mit den Originalen zu verglei- chen, so daá in den bei weitem vorwiegenden Zitaten aus engli- schen Quellen dort keine Rckbersetzung aus dem Deutschen, son- dern der englische Originaltext selbst erscheint. Es lag mir also ob, diesen Text bei der vierten Auflage zu Rate zu ziehn. Es fanden sich dabei mancherlei kleine Ungenauigkeiten. Hinweise auf unrichtige Seitenzahlen, teils beim Kopieren aus den Heften ----- 1*) Siehe vorl. Band, S.130, 517-519, 610-613, 655-657, 660 - 2*) siehe vorl. Band, S. 519-525 - 3*) im vorl. Band in geschweiften Klammern { } und mit F.E. bezeichnet. #42# Vorworte und Nachworte ----- verschrieben, teils im Verlauf von drei Auflagen geh„ufte Druck- fehler Unrichtig gesetzte Anfhrungszeichen oder Lckenpunkte, wie dies bei massenhaftem Zitieren aus Auszugsheften unvermeid- lich. Hier und da ein weniger glcklich gew„hltes šbersetzungs- wort. Einzelne Stellen zitiert aus den alten Pariser Heften 1843- 1845, wo Marx noch kein Englisch verstand und englische ™konomen in franz”sischer šbersetzung las; wo denn der doppelten šberset- zung eine leichte Žnderung der Klangfarbe entsprach, z.B. bei Steuart, Ure u.a. - wo jetzt der englische Text zu benutzen war. Und was dergleichen kleine Ungenauigkeiten und Nachl„ssigkeiten mehr sind. Wenn man nun die vierte Auflage mit den vorigen ver- gleicht, so wird man sich berzeugen, daá dieser ganze mhsame Berichtigungsprozeá an dem Buch aber auch nicht das geringste ge- „ndert hat, das der Rede wert ist. Nur ein einziges Zitat hat nicht gefunden werden k”nnen, das aus Richard Jones (4. Aufl., S.562, Note 471 1*)); Marx hat sich wahrscheinlich im Titel des Buches verschrieben. Alle andern behalten ihre volle Beweiskraft oder verst„rken sie in der jetzigen exakten Form. Hier aber bin ich gen”tigt, auf eine alte Geschichte zurckzukom- men. Es ist mir n„mlich nur ein Fall bekannt, wo die Richtigkeit eines Marxschen Zitats in Zweifel gezogen worden. Da dieser aber bis ber Marx' Tod hinaus gespielt hat, kann ich ihn hier nicht gut bergehn. [16] In der Berliner "Concordia", dem Organ des deutschen Fabrikanten- bundes, erschien am 7. M„rz 1872 ein anonymer Artikel: "Wie Karl Marx citirt." Hier wurde mit berreichlichem Aufwand von sittli- cher Entrstung und von unparlamentarischen Ausdrcken behauptet, das Zitat aus Gladstones Budgetrede vom 16. April 1863 (in der Inauguraladresse der Internationalen Arbeiterassoziation von 1864 2*) und wiederholt im "Kapital", I, S. 617, vierte Aufl., Seite 670-671, dritte Aufl. 3*)) sei gef„lscht. Der Satz: "Diese berau- schende Vermehrung von Reichtum und Macht... ist ganz und gar auf die besitzenden Klassen beschr„nkt", stehe mit keinem Wort im (quasioffiziellen) stenographischen Bericht von Hansard. "Dieser Satz befindet sich aber nirgends in der Gladstoneschen Rede. Ge- rade das Gegenteil ist in derselben gesagt." (Mit fetter Schrift) "Marx hat den Satz formell und materiell hinzugelogen!" Marx, dem diese Nr. der "Concordia" im folgenden Mai zugesandt wurde, antwortete dem Anonymus im "Volksstaat" vom 1. Juni. Da er sich nicht mehr erinnerte, nach welchem Zeitungsreferat er zi- terte, beschr„nkte ----- 1*) Siehe vorl. Band, S.625 - 2*) siehe Band 16 unserer Ausgabe, S.3-13 - 3*) siehe vorl. Band, S.680/681 #43# Vorwort zur vierten Auflage ----- er sich darauf, das gleichlautende Zitat zun„chst in zwei engli- schen Schriften nachzuweisen, und sodann das Referat der "Times" zu zitieren, wonach Gladstone sagt: "That is the state of the case as regards the wealth of this country. I must say for one, I should look almost with apprehen- sion and with pain upon this intoxiceting augmentation of wealth and power, if it were my belief that it was confined to classes who are in easy circumstances. This takes no cognizance at all of the condition of the labouring population. The augmentation I have described and which is founded, I think, upon accurate re- turns, is an augmentation entirely confined to classes of pro- perty" 1*) Also Gladstone sagt hier, es wrde ihm leid tun, wenn dem so w„re, aber es sei so: Diese berauschende Vermehrung von Macht und Reichtum sei ganz und gar auf die besitzenden Klassen beschr„nkt. Und was den quasioffiziellen Hansard betrifft, so sagt Marx wei- ter: "In seiner hier nachtr„glich zurechtgestmperten Ausgabe war Herr Gladstone so gescheit, die im Munde eines englischen Schatz- kanzlers allerdings kompromittierliche Stelle wegzupfuschen. Es ist dies brigens herk”mmlicher englischer Parlamentsbrauch, und keineswegs eine Erfindung des Laskerchen contra Bebel [17]." Der Anonymus wird immer erboster. Die Quellen zweiter Hand in seiner Antwort, "Concordia", 4. Juli, beiseite schiebend, deutet er schamhaft an, es sei "Sitte", Parlamentsreden nach dem steno- graphischen Bericht zu zitieren; aber auch der Bericht der "Times" (worin der "hinzugelogene" Satz steht) und der von Han- sard (worin er fehlt) "stimmen materiell v”llig berein", und ebenso enthalte der "Times"-Bericht "das direkte Gegenteil jener berchtigten Stelle der Inauguraladresse", wobei der Mann sorgsam verschweigt, daá er neben diesem angeblichen Gegenteil" gerade "jene berchtigte Stelle" ausdrcklich enth„lt! Trotz alledem fhlt der Anonymus daá er festsitzt und daá nur ein neuer Winkel- zug ihn retten kann. W„hrend er also seinen, wie soeben nachge- wiesen, von "frecher Verlogenheit" strotzenden Artikel mit erbau- lichen Schimpfereien spickt, als da sind: "mala fides", "Unehrlichkeit", "lgenhafte Angabe", "jenes lgenhafte Zitat" "freche Verlogenheit", "ein Zitat, das v”llig gef„lscht war", "diese ----- 1*) So steht's mit dem Reichtum dieses Landes. Ich fr meinen Teil wrde beinahe mit Besorgnis und mit Pein auf diese berau- schende Vermehrung von Reichtum und Macht blicken wenn ich sie auf die wohlhabenden Klassen beschr„nkt glaubte. Es ist hier gar keine Notiz genommen von der arbeitenden Bev”lkerung. Die Vermeh- rung, die ich beschrieben habe, ist ganz und gar beschr„nkt auf Eigentumsklassen." #44# Vorworte und Nachworte ----- F„lschung", "einfach infam", usw., findet er es fr n”tig, die Streitfrage auf ein andres Gebiet berzuspielen, und verspricht daher, "in einem zweiten Artikel auseinanderzusetzen, welche Be- deutung wir" (der nicht "lgenhafte" Anonymus) "dem Inhalt der Gladstoneschen Worte beilegen". Als ob diese seine unmaágebliche Meinung das geringste mit der Sache zu tun habe! Dieser zweite Artikel steht in der "Concordia" vom 11. Juli. Marx antwortete noch einmal im "Volksstaat" vom 7. August, indem er nun auch die Referate der betreffenden Stelle aus dem "Morning Star" und dem "Morning Advertiser" vom 17. April 1863 brachte. Nach beiden sagt Gladstone, er wrde mit Besorgnis usw. auf diese berauschende Vermehrung von Reichtum und Mecht blicken, wenn er sie auf die wirklich wohlhabenden Klassen (classes in easy cir- cumstances) beschr„nkt glaubte. Aber diese Vermehrung sei be- schr„nkt auf Klassen, die Eigentum besitzen (entirely confined to classes possessed of property). Also auch diese Referate bringen den angeblich "hinzugelogenen" Satz w”rtlich. Ferner stellte er nochmals fest, durch Vergleichung der Texte der "Times" und Han- sards, deá der durch drei am n„chsten Morgen erschienene, vonein- ander unabh„ngige, gleichlautende Zeitungsreferete als wirklich gesprochen konstatierte Setz in dem nach bekannter "Sitte"' durchgesehenen Referat von Hansard fehlt, das Gladstone ihn in Marx Worten "nachtr„glich wegstipitzt hat", und erkl„rt schlieá- lich, er habe keine Zeit, mit dem Anonymus weiter zu verkehren. Dieser scheint auch genug gehabt zu haben, wenigstens erhielt Marx keine ferneren Nummern der "Concordia" zugeschickt. Damit schien die Sache tot und begraben. Allerdings kamen uns seitdem ein- oder zweimal von Leuten, die mit der Universit„t Cambridge in Verkehr standen, geheimnisvolle Gerchte zu ber ein unsagbares literarisches Verbrechen, das Marx im "Kapitel" begen- gen haben sollte; aber trotz aller Nachforschungen war absolut nichts Bestimmteres zu erfahren. Da, am 29. November 1883, acht Monate nach Marx' Tod, erschien in der "Times" ein Brief, datiert Trinity College, Cambridge, und unterzeichnet Sedley Taylor, worin bei einer vom Zaun gebrochnen Gelegenheit dies in zahmster Genossenschafterei machende M„nnlein uns endlich Aufkl„rung ver- schaffte, nicht nur ber die Munkeleien von Cambridge, sondern auch ber den Anonymus der "Concordia". "Was „uáerst sonderbar erscheint", sagt das M„nnlein von Trinity College, "ist, daá es dem Professor Brentano (damals in Breslau, jetzt in Straáburg) vorbehalten war... die mala fides zu enthl- len, welche augenscheinlich das Zitat aus Gladstones Rede in der" (Inaugural-) "Adresse diktiert hatte. Herr Karl Marx, der... das Zitat zu verteidigen suchte, hatte die Verwegenheit, in den To- deswindungen (deadly shifts), auf die #45# Vorwort zur vierten Auflage ----- Brentanos meisterhaft gefhrte Angriffe ihn schleunigst herunter- brachten, zu behaupten. Herr Gladstone habe den Bericht seiner Rede in der 'Times' vom 17. April 1863 zurechtgestmpert, ehe er in Hansard erschien, um eine Stelle wegzupfuschen, die allerdings fr einen englischen Schatzkanzler kompromittierlich sei. Als Brentano, durch eine ins einzelne gehende Textvergleichung, be- wies, daá die Berichte der 'Times' und von Hansard bereinstimm- ten in absolutem Ausschluá des Sinnes, den pfiffig-isolierte Zi- tiering den Gladstoneschen Worten untergeschoben hatte, da zog Marx sich zurck unter dem Vorwand des Zeitmangels!" Das also war des Pudels Kern! Und so glorios reflektierte sich in der produktivgenossenschaftlichen Phantasie von Cambridge die anonyme Kampagne Herrn Brentanos in der "Concordia"! So lag er, und so fhrt er seine Klinge [18], in "meisterhaft gefhrtem An- griff", dieser Sankt Georg des deutschen Fabrikantenbundes, w„h- rend der H”llendtache Marx zu seinen Fáen "schleunigst in Todes- windungen" verr”chelt! Jedennoch dient diese ganze ariostische Kampfschilderung nur dazu, die Winkelzge unseres Sankt Georg zu verdecken. Hier ist schon nicht mehr die Rede von "Hinzulgen", von "F„lschung", son- dern von "pfiffig isolierter Zitierung" (craftily isolated quota- tion). Die ganze Frage war verschoben, und Sankt Georg und sein Cambridger Schildknappe wuáten sehr genau weshalb. Eleanor Marx antwortete, da die "Times" die Aufnahme verweigerte, in der Monatsschrift "To-Day", Februar 1884, indem sie die De- batte auf den einzigen Punkt zurckfhrte, um welchen es sich ge- handelt hatte: Hat Marx jenen Satz "hinzugelogen" oder nicht? Darauf erwidert Herr Sedley Taylor: "Die Frage, ob ein gewisser Satz in Herrn Gladstones Rede vorge- kommen sei oder nicht", sei nach seiner Ansicht "von sehr unter- geordneter Bedeutung gewesen" im Streit zwischen Marx und Bren- tano, "verglichen mit der Frage, ob das Zitat gemacht worden sei in der Absicht, Gladstones Sinn wiederzugeben oder zu entstel- len." Und dann gibt er zu, daá der "Times"-Bericht "in der Tat einen Widerspruch in den Worten enth„lt"; aber, aber, der brige Zusam- menhang richtig, d.h. im liberal-gladstoneschen Sinn erkl„rt, zeige an, was Herr Gladstone habe sagen w o l l e n. ("To-Day", M„rz 1884.) Das Komischste dabei ist, daá unser M„nnlein von Cam- bridge nun darauf besteht, die Rede n i c h t nach Hansard zu zitieren, wie es nach dem anonymen Brentano "Sitte" ist, sondern nach dem von demselben Brentano als "notwendig stmperhaft" be- zeichneten Bericht der "Times". Natrlich, der fatale Satz f e h l t ja im Hansard! #46# Vorworte und Nachworte ----- Eleanor Marx hatte es leicht, diese Argumentation in derselben Nummer von "To-Day" in Dunst aufzul”sen. Entweder hatte Herr Tay- lor die Kontroverse von 1872 gelesen. Dann hatte er jetzt "gelogen", nicht nur "hinzu", sondern auch "hinweg". Oder er hatte sie nicht gelesen. Dann war er verpflichtet, den Mund zu halten. Jedenfalls stand fest, daá er die Anklage seines Freundes Brentano, Marx habe "hinzugelogen", keinen Augenblick aufrechtzu- erhalten wagte. Im Gegenteil, Marx soll nun nicht hinzugelogen, sondern einen wichtigen Satz unterschlagen haben. Aber dieser selbe Satz ist zitiert auf S. 5 der Inauguraladresse, wenige Zei- len vor dem angeblich "hinzugelogenen". Und was den "Widerspruch" in Gladstones Rede angeht, ist es nicht gerade Marx, der im "Kapital", S. 618 (3.Aufl., S. 672), Note 105 1*) von den "fortlaufenden, schreienden Widersprchen in Gladstones Budgetre- den von 1863 und 1864" spricht! Nur daá er sich nicht … la Sedley Taylor unterf„ngt, sie in liberalem Wohlgefallen aufzul”sen. Und das Schluáresume in E. Marx' Antwort lautet dann: "Im Gegenteil, Marx hat weder etwas Anfhrenswertes unterdrckt noch das gering- ste hinzugelogen. Aber er hat wiederhergestellt und der Verges- senheit entzogen einen gewissen Satz einer Gladstoneschen Rede, der unzweifelhaft ausgesprochen worden, der aber, so oder so, seinen Weg gefunden hat - aus Hansard hinaus." Damit hatte Herr Sedley Taylor denn auch genug, und das Resultat des ganzen, durch zwei Jahrzehnte und ber zwei groáe L„nder fortgesponnenen Professorenklngels war, daá man nicht mehr ge- wagt hat, Marx' literarische Gewissenhaftigkeit anzutasten, daá aber seitdem Herr Sedley Taylor wohl ebensowenig Vertrauen setzen wird in die literarischen Schlachtbulletins des Herrn Brentano wie Herr Brentano in die p„pstliche Unfehlbarkeit von Hansard. London, 25. Juli 1890 F. Engels ----- 1*) Siehe vorl. Band, S. 682 #49# ----- Erster Abschnitt Ware und Geld ERSTES KAPITEL Die Ware 1. Die zwei Faktoren der Ware: Gebrauchswert und Wert (Wertsubstanz, Wertgr”áe) Der Reichtum der Gesellschaften, in welchen kapitalistische Pro- duktionsweise herrscht, erscheint als eine "ungeheure Warensamm- lung" 1), die einzelne Ware als seine Elementarform. Unsere Un- tersuchung beginnt daher mit der Analyse der Ware. Die Ware ist zun„chst ein „uáerer Gegenstand, ein Ding, das durch seine Eigenschaften menschliche Bedrfnisse irgendeiner Art be- friedigt. Die Natur dieser Bedrfnisse, ob sie z. B. dem Magen oder der Phantasie entspringen, „ndert nichts an der Sache. 2) Es handelt sich hier auch nicht darum, wie die Sache das menschliche Bedrfnis befriedigt, ob unmittelbar als Lebensmittel, d.h. als Gegenstand des Genusses, oder auf einem Umweg, als Produktions- mittel. Jedes ntzliche Ding, wie Eisen, Papier usw., ist unter doppeltem Gesichtspunkt zu betrachten, nach Qualit„t und Quantit„t. Jedes solches Ding ist ein Ganzes vieler Eigenschaften und kann daher nach verschiedenen Seiten ntzlich sein. Diese verschiedenen Sei- ten und daher die mannigfachen --- 1) Karl Marx, "Zur Kritik der Politischen Oekonomie", Berlin 1859, pag. 3. 1*) 2) "Verlangen schlieát Bedrfnis ein; es ist der Appetit des Gei- stes, und so natrlich wie Hunger fr den K”rper... die meisten (Dinge) haben ihren Wert daher, daá sie die Bedrfnisse des Gei- stes befriedigen." (Nicholas Barbon, "A Discourse on coining the new money lighter. In answer to Mr. Locke's Considerations etc.", London 1696, p.2, 3.) ----- 1*) Siehe Band 13 unse